Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien durch Adoptionshilfegesetz?
Der Deutsche Bundestag hat am 28.05.2020 das Gesetz zur Verbesserung der Hilfen für Familien bei Adoption (Adoptionshilfe-Gesetz) aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beschlossen. Nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens bedarf das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates. Das Gesetz soll zum 01.10.2020 in Kraft treten.
Das Gesetz bezweckt u.a., Adoptionsverfahren besser zu begleiten, Adoptivkinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen und die Adoptionsvermittlungsstellen zu stärken. Eine verpflichtende Beratung vor einer Stiefkindadoption soll eingeführt werden. Mittlerweile erfolgen 23 Prozent der Stiefkindadoptionen durch lesbische Paare, obwohl es sich nicht um Stief- sondern um Ursprungsfamilien handelt.
Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) sieht in der Einführung der verpflichtenden Beratung indes die Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien. Eine Ausnahme, wenn das Kind in eine bestehende Ehe geboren wird, ist auch nicht vorgesehen.
Zum Text der Pressemitteilung des des Deutschen Juristinnenbund e.V. vom 29.05.2020 geht es hier
„Drei Jahre nach Öffnung der Ehe für alle, gründen Frauen immer noch in enormer Rechtsunsicherheit Familien. Lesbische Mütter und ihre Familien werden durch die fehlende Möglichkeit originärer rechtlicher Elternschaft massiver Diskriminierung ausgesetzt. Die Überprüfung der Familie durch das Jugendamt im Rahmen der Adoption ist stigmatisierend, die lange Dauer der Verfahren extrem belastend und ganz und gar nicht im Sinne des Kindeswohls. Die nun eingeführte Beratungspflicht im Adoptionshilfegesetz verschärft die Diskriminierung lesbischer Eltern zusätzlich.“, so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb.
Ein diskriminierungsfreies Abstammungsrecht lässt auf sich warten. Bei der Stiefkindadoption müssen grundsätzlich alle Verfahrensschritte einer Fremdkindadoption durchlaufen werden. So werden beide Mütter amtlich auf ihre Elterneignung geprüft, müssen ihre Vermögensverhältnisse und ihren Gesundheitszustand offenlegen. Die lange Dauer der Verfahren birgt zudem große Unsicherheiten für die Familie und widerspricht dem Kindeswohl: Wenn gar die Geburtsmutter stirbt, bleiben die zweite Mutter und das Kind rechtlich im schlimmsten Fall ungesichert zurück. Aber auch wenn sich die zweite Mutter plötzlich gegen eine Adoption des Kindes entscheidet, sind Erbansprüche des Kindes gegen sie und auch Unterhaltsansprüche ungewiss.
Zahl der Adoptionen im Jahr: 3.733 (2018), 3.888 (2017), 3.976 (2016), 3.812 (2015); 3.805 (2014)
Zahl der Adoptionen im Inland: 3.562 (2018), 3.662 (2017), 3.719 (2016), 3.548 (2015); 3.506 (2014)
Zahl der Adoptionen aus dem Ausland: 176 (2018), 238 (2017), 294 (2016), 314 (2015); 344 (2014)
Quelle: Pressemitteilung des BMFSFJ Nr. 31/2020 v. 28.05.2020